Ob beim Balkon- & Terrassenbau oder bei der Badsanierung: Wenn du gerne selbst anpackst, kommst du immer wieder in Situationen, in denen du ein Gefälle berechnen musst. Das ist gar nicht so schwer, wie es zunächst klingt. In diesem Beitrag erfährst du, bei welchen Bauvorhaben du eine Neigung einplanen musst und wie du das Gefälle mithilfe der passenden Formeln korrekt berechnest – inklusive hilfreichen Praxisbeispielen.
Was ist ein Gefälle?
Gefälle und Steigung geben das Ausmaß einer Neigung an. Um welche Art von Schräge es sich handelt, hängt von deinem Betrachtungsstandpunkt ab: Eine Steigung führt nach oben, ein Gefälle ist dagegen abwärtsgerichtet. Für die Berechnung spielt der Unterschied aber keine Rolle, es werden die gleichen Formeln verwendet.
Bei welchen Bauvorhaben muss ein Gefälle eingehalten werden?
Es gibt viele Bereiche in Haus und Garten, wo ein bestimmtes Mindestgefälle eingehalten werden sollte. Bei den meisten Konstruktionen geht es darum, einen reibungslosen Ablauf von Wasser aller Art zu gewährleisten. Bei anderen Projekten, beispielsweise beim Bau einer Rollstuhlrampe, kommt es dagegen auf eine sichere und bequeme Nutzung an.
Wo sind welche Gefälle notwendig? Beispiele aus der Heimwerkerpraxis:
- Dachkonstruktionen: Wenn du ein neues Terrassendach bauen möchtest, solltest du ein Gefälle von mindestens 2 % einplanen. Flachdächer benötigen ein Gefälle von mindestens 3 %, damit das Regenwasser gut abfließt. Ist die Neigung zu gering, kann sich Wasser auf dem Dach ansammeln, was langfristig zu Undichtigkeiten und Schäden führt. Beim Befestigen von Dachrinnen gilt ein Mindestgefälle von 2–3 %.
- Terrassenbau: Stehendes Wasser greift nicht nur die Bausubstanz der Terrasse an, es begünstigt auch das Wachstum von Pilzen und Algen. Welches Gefälle du beim Anlegen einer Terrasse beachten musst, hängt vom gewünschten Terrassenbelag ab. Von glatten Materialien läuft das Wasser leichter und schneller ab als von rauen. Für eine Holzterrasse empfiehlt sich ein Gefälle von 1–2 %. Bei einer Terrasse aus Beton, Feinsteinzeug oder Natursteinplatten benötigst du 2–2,5 % und bei Natursteinpflaster 3 %.
- Balkon: Für Balkone, Loggien und Laubengänge ist ein Mindestgefälle von 1,5 % gesetzlich vorgeschrieben.
- Dusche: Bilden sich in der Dusche Pfützen, dann steigt die Rutschgefahr. Egal, ob du den Einbau einer Duschwanne oder eines ebenerdigen Duschsystems planst – das Gefälle sollte ca. 2 % betragen.
- Abwasserleitungen: Abwasserleitungen führen das Schmutzwasser in die Kanalisation ab. Mit einem Gefälle zwischen 0,5 und 1 % verhinderst du Ablagerungen.
- Rollstuhlrampe: Oft sind Hauseingänge nur über Stufen zu erreichen – für Menschen mit Bewegungseinschränkungen ein unüberwindbares Hindernis. Abhilfe schaffen flache Rampen mit einer Steigung von max. 6 %.
Wie berechnet man ein Gefälle?
Gefälle werden entweder in Prozent oder in Grad angegeben. Prinzipiell kannst du für alle Gefällearten beide Varianten nutzen. Für Dachneigungen werden üblicherweise Gradangaben verwendet, Leitungsgefälle werden eher in Prozent angegeben.
Messwerkzeuge und Hilfsmittel
Um das Gefälle berechnen zu können, brauchst du einige Hilfsmittel:
- Zollstock, Maßband oder Laserentfernungsmesser zum Messen der Länge
- Lasergeräte mit Neigungsmesser, Wasserwaage mit Winkelanzeige oder analoger bzw. digitaler Winkelmesser zum direkten Messen der Neigung
- wissenschaftlicher Taschenrechner mit Arcustangens- und Tan-Funktion (bei vielen Smartphones enthalten)
- evtl. Schmiege, um die Steigung zu übertragen
Gefälle berechnen in Prozent
Um ein Gefälle in Prozent zu berechnen, benötigst du zwei Werte: die Länge (horizontale Strecke) und die Höhe (Höhenunterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Punkt). Die Angabe in Prozent bezieht sich immer auf eine Strecke von 100 m und einen Höhenunterschied von 100 m. Wenn es auf einer Strecke von 100 m ebenfalls 100 m nach unten geht, dann beträgt das Gefälle 100 %. Das entspricht einer Neigung von 45 Grad.
Formel zur Berechnung des Gefälles:
(Höhendifferenz / Strecke) x 100 = Gefälle in Prozent
Beachte: Strecke und Höhendifferenz müssen mit derselben Einheit in die Formel eingesetzt werden. Du kannst das Gefälle in mm, cm oder m berechnen.
Rechenbeispiel: Ein Hanggrundstück weist einen Höhenunterschied von 3 m auf einer Länge von 20 m auf. Beide Werte setzt du in die Formel ein:
(3 m / 20 m) x 100 = 15 %
Das Hanggrundstück besitzt ein Gefälle von 15 %.
Bei den meisten Bauvorhaben kennst du bereits die Strecke und weißt, wie stark das Gefälle sein soll. In diesem Fall musst du den Höhenunterschied berechnen, mit dem dieses Gefälle erreicht wird.
Formel zur Berechnung des Höhenunterschieds:
(Gefälle in Prozent x Strecke) / 100 = Höhendifferenz
Rechenbeispiel: Das Gefälle einer Dachrinne soll 2 % betragen. Die geplante Länge liegt bei 6 m.
(2 x 6 m) / 100 = 0,12 m
Beim Anbringen der Dachrinne muss ein Höhenunterschied von 12 cm eingehalten werden.
Gefälle berechnen in Grad
Etwas komplizierter ist die Berechnung des Gefälles in Grad, da es keine einfache Verhältnisgleichung gibt. Nimm dir dafür einen Taschenrechner zur Hand.
Den Neigungswinkel berechnest du mit der Taste arctan oder tan-1:
arctan (Gefälle in Prozent / 100) = Neigungswinkel in Grad
Rechenbeispiel: Angenommen, dein Garagendach besitzt ein Gefälle von 10 %. Tippe auf arctan bzw. tan-1. In die Klammern setzt du deinen Neigungswinkel ein, den du durch 100 dividierst:
arctan (10 / 100) = 5,71
Das Dach hat einen Neigungswinkel von 5,71 Grad.
Wenn du aus dem Neigungswinkel in Grad das Gefälle in Prozent berechnen möchtest, kommt die tan-Taste deines Taschenrechners zum Einsatz:
tan (Neigungswinkel in Grad x 100) = Gefälle in Prozent
Rechenbeispiel: Du weißt, dass dein Hausdach 20 Grad geneigt ist. Das Gefälle in Prozent ermittelst du, indem du auf tan drückst. In die Klammern tippst du den Neigungswinkel in Grad ein und multiplizierst das Ganze mit 100:
tan (20 x 100) = 36,39 %
Das Dach weist ein Gefälle von 36,39 % auf.
Tabelle zur Umrechnung von Grad in Prozent
Zur groben Orientierung kannst du einen Blick auf folgende Umrechnungstabelle werfen:
Neigungswinkel | Gefälle in Prozent | |
---|---|---|
1° | Gefälle in Prozent | 1,8% |
5° | Gefälle in Prozent | 8,8% |
10° | Gefälle in Prozent | 17,6% |
15° | Gefälle in Prozent | 26,8% |
20° | Gefälle in Prozent | 36,4% |
25° | Gefälle in Prozent | 46,6% |
30° | Gefälle in Prozent | 57,7% |
35° | Gefälle in Prozent | 70,0% |
40° | Gefälle in Prozent | 83,9% |
45° | Gefälle in Prozent | 100% |
Praxisbeispiel: Gefälle für eine Terrasse berechnen und umsetzen
In der Theorie weißt du nun, wie sich das Gefälle berechnen lässt. Jetzt geht es darum, das Gelernte in die Praxis umzusetzen – am Beispiel einer Terrasse aus Holz.
- Maße der Terrasse festlegen: Die Terrasse soll 4 m lang und 6 m breit werden. Das erforderliche Gefälle beträgt 2 %. Beachte: Das Gefälle verläuft immer von der Hauswand weg. Bei Holzdielen sollte es entlang der Diele ausgerichtet sein.
- Gefälle berechnen: Multipliziere das Gefälle von 2 % mit der Länge von 4 m und dividiere den Wert durch 100. Der Höhenunterschied muss 0,08 m betragen.
- Terrassenfläche abstecken: Schlage dafür an jeder Ecke einen Pflock mit dem Hammer in die Erde. Zwei Pflöcke platzierst du an der Hauswand, zwei am Ende der Terrasse.
- Höhe übertragen: Auf einem der Pflöcke an der Hauswand markierst du die Endhöhe deines Terrassenbodens. Spanne dann eine Schnur zum zweiten Pflock. Richte diese mit der Wasserwaage exakt aus und knote sie fest.
- Gefälle ausrichten: Auf den gegenüberliegenden Seiten ziehst du die errechneten 8 cm von der Höhe ab. Versetze die Schnur entsprechend nach unten.
Die Schnur zeigt dir nun die endgültige Höhe deiner Terrasse an. Richte dich bei allen weiteren Arbeiten nach ihrem Verlauf, damit deine Terrasse am Ende das richtige Gefälle aufweist.